Zwischen den Zeilen des Lebens - Worte die das Herz berühren Teil 1
- Uwe Holzhausen
- 2. März
- 4 Min. Lesezeit

Loslassen – Die Kunst, sich selbst zu befreien
Manchmal ist es das Beste, einfach loszulassen.
Wir hören diesen Satz so oft, doch was bedeutet er wirklich? Was bedeutet es, etwas loszulassen, das einst unser Herz mit Licht erfüllt hat? Was bedeutet es, eine Hand zu öffnen, die sich nach etwas sehnt, das nicht mehr da ist?
Loslassen ist nichts, das man mit einem einzigen Gedanken beenden kann. Es geschieht nicht durch ein „Ich lasse jetzt los“ – als wäre es eine Tür, die man schließen und nie wieder öffnen könnte. Nein, loslassen ist wie der Ozean, der sich in sanften Wellen von der Küste zurückzieht. Es ist ein Flüstern des Windes, der alte Blätter mit sich nimmt. Es ist ein inneres Reifen, ein stilles Erwachen, ein vorsichtiges Lösen der Finger von etwas, das man so lange umklammert hielt, dass die eigene Haut schon schmerzt.
Denn das Leben spricht in diesen Momenten zu dir, leise, fast unhörbar:
"Ich weiß, es tut weh. Ich weiß, du hattest eine Vorstellung davon, wie es sein sollte. Du hast eine Geschichte geschrieben, in der es immer ein 'Wir' gab. Du hast an etwas geglaubt, das für dich unerschütterlich war. Und jetzt scheint alles zerfallen zu sein. Du möchtest festhalten. Du möchtest bewahren. Du möchtest die schönsten Momente wie in Glas einschließen, damit sie nie verblassen."
Aber die Wahrheit ist: Sie müssen nicht verblassen. Sie sind nicht verloren. Sie sind ein Teil von dir, eingewoben in das Gewebe deiner Seele. Nicht als Last, sondern als Erinnerung, als leiser Puls in deinem Herzen, der dich erinnert, wie tief du fühlen kannst.
Lass die Angst los, die dich gefangen hält.
Die Angst, alleine zu sein. Die Angst, nicht genug zu sein. Die Angst, dass du ohne dieses Kapitel nicht vollständig bist.
Lass die Wut los, die dich nachts wachhält.
Die Wut auf das Leben, das nicht nach deinen Wünschen verläuft. Die Wut auf das, was gesagt oder nicht gesagt wurde. Die Wut auf das, was hätte sein können – aber nicht war.
Lass den Kummer los, der sich wie ein schwerer Mantel über dein Herz gelegt hat.
Den Kummer über das, was verloren scheint. Die Sehnsucht nach einer Vergangenheit, die sich nicht mehr berühren lässt.
Denn dort, wo dein Blick so traurig verweilt, wo du glaubst, dass noch etwas zu retten sei – dort ist nichts mehr. Vielleicht war dort nie wirklich etwas. Vielleicht war es nur eine Illusion, genährt von Sehnsucht, von Hoffnung, von dem Wunsch nach etwas Beständigem in einer Welt, die sich unaufhörlich wandelt.
Und nun stehst du hier, in der stillen Weite dieses Moments, und fragst dich:
"Wer bin ich ohne diese Person? Wer bin ich ohne das, was ich verloren habe?"
Und die Antwort ist: Du bist immer noch du.
Denn was du vermisst, ist nicht nur der andere Mensch. Es ist das Gefühl, das du hattest, als du mit ihm warst. Die Freude, die Lebendigkeit, die Liebe. Doch all das war nie außerhalb von dir. Es war in dir. Es kam aus dir.
Alles, wonach du suchst, ist bereits in dir.
Nicht in jemand anderem.
Nicht in einer Vergangenheit, die sich nicht mehr zurückholen lässt.
Nicht in einer Zukunft, die du dir in schmerzhaften Träumen ausmalst.
Die Liebe, nach der du dich sehnst – sie wohnt in dir.
Die Wärme, die du suchst – sie ist in dir.
Die Geborgenheit, die du dir wünschst – du kannst sie dir selbst schenken.
Die Vergangenheit ist vergangen. Der Mensch, den du einst geliebt hast, ist nicht mehr derselbe. Vielleicht hat er sich verändert. Vielleicht war er nie so, wie du ihn gesehen hast. Vielleicht war er nur für eine Weile ein Teil deines Weges.
Loslassen bedeutet nicht, dass es nie wichtig war.
Loslassen bedeutet nicht, dass es keine Bedeutung hatte.
Loslassen bedeutet, dass du anerkennst: Es war. Und nun darf es gehen.
Ich weiß, es tut weh.
Es tut unendlich weh, sich dem Leben wieder zu öffnen, wieder zu vertrauen, wieder Hoffnung zu wagen. Es fühlt sich an wie ein nie endender Kreislauf aus Liebe und Verlust, Nähe und Entfernung, Licht und Schatten.
Und so oft möchtest du dich verschließen. Dein Herz wie eine Muschel zusammenziehen, damit niemand es mehr berührt.
Aber verschließe dich nicht.
Loslassen ist ein mutiger Akt. Es ist der Moment, in dem du das Seil loslässt, das du so lange festgehalten hast – so lange, dass es in deine Haut geschnitten hat, dass es dich nach unten gezogen hat, dass es dir die Luft nahm.
Vielleicht geht es genau darum: Fallen zu lassen.
Loslassen bedeutet manchmal, zu sagen:
"Ich weiß, ich war nicht perfekt. Ich habe Fehler gemacht. Ich habe nicht immer gewusst, wie ich mich verhalten soll. Aber ich lasse nun los. Ich lasse dich gehen. Ich lasse die Vergangenheit ruhen. Denn ich möchte endlich frei sein."
Frei sein.
Von den Gedanken, die dich quälen.
Von den Erinnerungen, die dich gefangen halten.
Von der Sehnsucht nach etwas, das nicht mehr ist.
Loslassen bedeutet, das Leben wieder mit offenen Armen zu empfangen.
Es bedeutet, in einen neuen Morgen zu treten, ohne den Schatten von gestern auf deinen Schultern.
Es bedeutet, sich selbst mit Liebe zu begegnen, genau hier, genau jetzt.
Also bitte ich dich: Lass los.
Lass dich fallen.
Lass dich in die Arme des Lebens fallen, das dich auffängt, sanft wie der Wind, der die Blätter trägt.
Lass dich in dein eigenes Licht fallen, das in dir brennt, auch wenn du es gerade nicht siehst.
Lass dich in eine Zukunft fallen, die noch ungeschrieben ist, eine Leinwand, die nur darauf wartet, von dir mit neuen Farben bemalt zu werden.
Hör auf zu kämpfen.
Hör auf, gegen das zu ringen, was sich nicht halten lässt.
Hör auf, die Wellen aufzuhalten, wenn das Meer dich längst ruft.
Lass den Widerstand los.
Lass das Festhalten los, das deine Hände müde gemacht hat.
Lass die Schwere los, die dich an den Boden bindet, wenn deine Seele doch eigentlich fliegen will.
Gib dich hin – dem Leben, das dich trägt.
Gib dich hin – dem Fluss, der dich fortträgt an Orte, die du noch nicht kennst.
Gib dich hin – der Freiheit, die auf dich wartet, jenseits deiner Angst.
Falle ins Unbekannte,
wie ein Blatt im Herbst, das sich endlich löst, weil es weiß,
dass der Wind es zu neuen Ufern trägt.
Falle – und du wirst fliegen.
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